Wir sind Kinder des Plastikzeitalters – und das seit 1907, als der Belgier Leo Hendrik Baekeland den Stoff, aus dem die quietschbunten Träume sind, erfunden hat. Jährlich werden 240 Millionen Tonnen Kunststoff herstellt, mit der Gesamtproduktion der letzten hundert Jahre könnte man den Erdball sechs Mal umwickeln. Plastik ist leicht, praktisch, bruchfest – und umstritten, wie Werner Boote (u. a. Regie Kurt Rydl – Der Gladiator) in seiner sozialkritischen Dokumentation Plastic Planet zeigt.
Es ist vor allem das Müllproblem, das dem Image von Kunststoffen schadet: In den Weltmeeren sind heute sechs Mal mehr Plastikpartikel zu finden als Plankton! Kunststoffe belasten Böden und Gewässer bis zu 500 Jahre lang – die Verantwortung für die Beseitigung der Müllberge schiebt die Industrie allerdings der Gesellschaft zu.
Auch wenn man über das Umweltproblem hinwegblickt, ist Plastik äußerst problematisch: Zahlreiche Substanzen, die in verschiedenen Kunststoffen enthalten sind, können die Gesundheit beeinträchtigen. Eine davon ist Bisphenol A, Hauptbestandteil bei der Herstellung von CDs, Plastikschüsseln, Babyfläschchen oder Verpackungsmaterialien. Bisphenol A steht im Verdacht, erbgutschädigend zu sein: In Tierversuchen stört der Stoff Embryonal- und Gehirnentwicklung, verursacht Unfruchtbarkeit, Krebs und Verhaltensstörungen – und wie im Film aufgezeigt wird, findet sich Bisphenol A auch in Nahrungsmitteln und menschlichem Blut wieder.
Plastic Planet fügt sich ein in den Reigen der aufrüttelnden Dokumentarfilme der vergangenen Jahre: In eindringlichen – etwas polemischen, einseitigen – Bildern zeigt die filmische Weltreise die Konsequenzen unreflektierten Konsums auf. Ob jeder, der den Film gesehen hat, in Zukunft auf das Trinken aus Plastikflaschen verzichten wird, ist allerdings anzuzweifeln. Schließlich sind menschliche Verhaltensweisen oft hoffnungslos festgefahren.
Geschrieben von: Sandra Maria Bernhofer
